Noch bis Anfang 2016 beheimatet das „Musée d’Histoire de la Ville de Luxembourg“ eine wundervolle Ausstellung über eines der ältesten und bekanntesten Stadtteile Luxemburgs: das Pfaffenthal.
Wie der Titel der Ausstellung bereits vermuten lässt, handelt es sich bei der Ausstellung nicht um ein zentrales, historisches Großereignis. Vielmehr bilden die sorgfältig ausgewählten Exponate sowie das dazugehörende Heftchen einen liebevollen Flickenteppich an Geschichten, Anekdoten und historischen Erzählungen über das Leben im „Dällchen“. Teils witzig, teils traurig, jedoch stets sehr herzlich berichtet, spaziert man also im fünften Stock des Museums durch die Geschichte eines Vorstadtviertels mit all seinen Facetten.
Da das Pfaffenthal bis ins späte 17. Jahrhundert außerhalb der Stadtmauern lag und der Wohnraum somit auch günstiger als in der vom Adel und Klerus bewohnten Oberstadt war, galt es lange als das Viertel der Handwerker, Gerber, Tagelöhner und Reisenden; ein lebhaftes Viertel also, geprägt durch stetigen Wandel sowie ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl. Kein Wunder, dass ausgerechnet hier schon Mitte der 30er Jahre eine Jugendherberge entstand. Selbstverständlich stellt das Museum auch hierzu ein Exponat – in Form eines alten Plakates – und die dazugehörige Geschichte aus.
Warum auch heute noch eine Jugendherberge im Pfaffenthal steht ist ebenfalls schnell geklärt, denn mit knapp 1.200 Einwohnern aus 61 verschiedenen Nationen bildet das Viertel den Übergang zwischen dem von Modernität geprägten Kirchberg und der pulsierenden Oberstadt mit seinen unzähligen Bars, Cafés, Geschäften und Restaurants. Es gibt vermutlich kaum eine bessere Umgebung für eine dynamische und von Abenteuerlust geprägte Unterkunft, die neben der Beherbergung von Reisenden auch die Völkerverständigung in ihrer Mission beinhaltet.
Einen besonders beeindruckenden Teil der Ausstellung bildet ein virtueller Spaziergang. Etwas überraschend befinden sich nämlich in einem der vielen Räume der Ausstellung mehrere Bildschirme, eine 3D-Brille und die dazugehörigen Tastaturen zur Steuerung von Avataren durch eine virtuelle Welt. Und nicht irgendeine Welt – nein, es handelt sich um den mit viel Leidenschaft und einer offensichtlichen Liebe für Detail gestalteten Nachbau des Pfaffenthals aus dem Jahre 1867.
Hier ist es (mittels der gratis Software Second Life, einer Online-3D-Infrastruktur für die Gestaltung virtueller Welten) erstaunlicherweise also möglich durch die von fünf Geschichtsbegeisterten gebastelte Nachbildung des historischen Stadtviertels zu flanieren. Entlang der Alzette geht es auf Pflastersteinen durch das Dällchen vor etwa 150 Jahren, vorbei an alten Geschäften, Häuserzeilen und Anglern.
Die Erschaffung des virtuellen Pfaffenthals ist Teil eines zeitaufwändigen Großprojektes namens 1867, denn neben dem Pfaffenthal ist bereits auch das Fort Thüringen schon virtuell erkundbar. Doch damit nicht genug: Pit Vinandy, Initiator und Architekt der virtuellen Welt, erzählt mit erkennbarer Leidenschaft am Projekt, dass die ganze Stadt nachgebaut werden soll. Wie das funktioniert – denn mitmachen kann theoretisch jeder – wird in zusätzlich angebotenen Workshops erklärt.
Es ist hoch erfreulich zu sehen, wie sich das Museum neben historischen Ausstellungsstücken zusätzlich an modernsten Technologien bedient. Ein Geschichtsmuseum kann eben doch so viel mehr sein als nur eine Ansammlung verstaubter Münzen hinter Glasvitrinen. Die aktuelle Ausstellung dient hier als erstklassiger Beweis und ist wärmstens zu empfehlen.
Weitere Informationen zu Museum und Ausstellung erhalten sie auf mhvl.lu.
Die Facebook-Gruppe zum Projekt 1867 finden Sie hier.
Die Pfaffenthaler Jugendherberge damals
Die Pfaffenthaler Jugendherberge heute
Einblick in das Pfaffenthal von 1867
Flyer zur Ausstellung
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